Mittwoch, 7. Juni 2017

1.6.1 Selbstbau Celesta: Resonanzkasten - Teil 1

Warum einen Resonanzkasten?



Gitarren haben einen, Geigen haben einen, und selbst ein kleines kommerzielles Glockenspiel besitzt einen Resonanzkasten. Darum soll meine Röhrencelesta natürlich auch (durchdachte) Resonanzräume bekommen.

Am Video-Beispiel wird es hörbar: der angeschlagene Ton (eine G -Platte aus Stahl von Schiedmayer) klingt mit einer darunter gestellten Kaffeetasse viel lauter und ist daher auch länger wahrnehmbar. Die Tasse ist eine Luftresonanz-Kammer und funktioniert natürlich ganz anders als das Resonanzholz einer Gitarre oder Geige!

Bei Saiteninstrumenten werden - über einen absolut fest verbundenen Steg - die Schwingungen der Saite auf das Resonanzholz übertragen. Die Öffnungen, meist f-förmig oder rund dienen übrigens nicht primär dem "Schallaustritt", obwohl man die Löcher oft "Schalllöcher" nennt. Bei Streichinstrumenten dienen die  f-Löcher vor allem der besseren Beweglichkeit / Schwingungsfähigkeit des Resonanzboden. Wenn die Decke einer Gitarre aus dickem, unbeweglichen Stahl wäre, hätte man keine Resonanzverstärkung. Nennen wird diese Art von Resonanz mal "Körperschall-Verstärkung" oder Anregung von "Resonanzböden". 

Anders ist das bei Glockenspielen. Hier darf die schwingende Platte höchstens an den schalltoten Schwingungsknoten mit dem Resonanzraum in Verbindung stehen, wenn überhaupt! Eine Glockenspiel-Platte überträgt den Schall nicht direkt auf den Resonanzraum. Auch im Videobeispiel hat die Klangplatte keinen Körperkontakt  zur Tasse. Nur die schwingende Luft führt - bei passender Länge des Resonators - zu Effekten, bei denen sich die Amplituden des Schalls summieren und damit verstärken.

Während ein Streichinstrument nicht unbedingt ein Schallloch im Resonator benötigt - es klingt nur besser mit einem -, braucht ein Luftresonanzkasten zwingend mindestens eine Öffnung.  Zur Theorie von Resonatoren werde ich einen extra Post schreiben. 

In einem weiteren Post werde ich Längen bzw. fertige Maßen für Kasten- und Röhrenresonatoren veröffentlichen. Ich denke mal, dass die Resonatormaße einige Leute freuen wird. Es wird die Maße von Resonator-Kästen einer alten Schiedmayer-Celesta geben, die inzwischen urheberrechtlich keinen Schutz mehr genießen (public domain) und Maße von Röhrenresonatoren, die ich selbst gebaut habe und gerne hier teile.

Celesta-Luftresonanzkasten


Klangröhren besitzen ein komplexes Obertonspektrum. Mit eine modernen Stimmsoftware, wie FMIT (vgl. Abschnitt zum Stimmen), lassen sich die Obertöne bis zum 16. Oberton in ihrer Frequenz und Amplitude sichtbar darstellen. Dabei zeigt sich, dass der Grundton von tiefen Klangröhren im Vergleich zu deren höheren Obertönen relativ leise ist. Mit einem „stimmbaren“ Resonanzkasten könnte sich die subjektive Lautheit der Grundtöne im Vergleich zu den lauteren Obertönen anheben lassen.  Das führt bei Akkorden und beim polyphonen Spiel zu saubereren Zusammenklängen.

Sicher erzielt man die besten Ergebnisse mit quaderförmigen Einzelton-Resonatorkästen aus uraltem Holz oder großen Metallrohr-Resonatoren. Leider habe ich hinter den Röhren und der Mechanik nicht soviel Platz, um dies ganz konsequent umzusetzen. Es kann aber eine gute Kompromisslösung geben: eine in mehrere Kammern gegliederte Gesamt-Resonatorkasten-Konstruktion mit Einzelkammern im Bass- und Übergangsbereich.

Wie groß, hoch und tief muss der Resonanzkasten insgesamt werden?

Neben der musikalischen Überlegung, gab es ganz Ein weitere Außerdem müssen die Klangröhren samt Aufhängeleiste ja in irgendeiner Form so montiert werden, dass die Klavierhammer-Filze einen guten Aufschlagspunkt treffen können (ca. 10% der Rohrlänge über oder unter der Röhrenmitte). Die maximale Röhrenlänge und die Höhe der Mechanikbauteile plus Tastatur-Höhe gibt die minimale Höhenausdehnung eines solchen Resonanzkastens vor. Die Breitenausdehnung wird durch die Anzahl der benötigten Tasten (53 Stück + ein paar Zentimenter für die Ränder) vorgegeben.  Der Resonanzkasten sollte also mindestens 610 mm hoch und 830 mm breit werden. Als Material des Rahmens habe ich 21 mm Birken-Multiplex-Holz gewählt. Das ist super stabil, preiswert und kann online bestellt, fertig zugesägt geliefert werden. Ich wollte den Kasten möglichst flach halten, damit das Instrument nicht zur sperrig wird.  Die kleinste bestellbare Breite der Multiplexbretter gibt der Onlineversender mit 100 mm an. Also wird der Resonanzkasten eine Größe von 830x610x100 mm bekommen.

Ich habe bestellt

  • 2 x dünne Sperrholzplatte 830x610x3 mm als „Resonanzböden“.= Vorder- und Rückseite des Kastens
  • 2  Multiplexbretter 830x100x21 = Ober- und Unterkante des Rahmens
  • 2 Multiplexbretter 568x100x21 mm = Seitenteile des Rahmens

Zum Verschrauben der Kastenteile eignen sich 70-80 mm lange Schrauben mit 6 mm Durchmesser. Der Resonanzboden des Kastens wurde mit Fischleim auf den Rahmen geleimt und zur Trocknung auf dem Rahmen festgenagelt (1,8 mm rostfreie Flachkopf -Nägel; 40 mm lang). Alle 60 mm ein Nagel und der Leim, das dürfte ewig halten 









Innerer Aufbau und Stimmung des Resonanzkastens

Beim ersten Testen des getrockneten Resonanzkastens war ich positiv überrascht, wie schön die Glissandi der Klangröhren bereits jetzt, durch das bisschen Holz klangen. Die geringe Tiefe von 10 cm reicht völlig aus, damit der Kasten sicher aufrecht steht Die montierten Klangröhren wiegen kaum zwei Kilo. Da kippelt nichts.

Es gibt viele gute Quellen zum Thema akustisch Resonanz im Internet. Empfehlenswert sind auch die Materialien von Prof. Klein aus einer Ringvorlesung (vgl. Klein 2010)

Die Resonatorlänge eines Rohres für einen gegebenenTon entspricht einem Viertel der Wellenlänge.

N x Schallgeschwindigkeit [m/s] /Frequenz [1/s]   x 0.25 =  Resonatorrohrlänge in Metern.

Für den Kammerton A mit 440 Hz  bei einer Schallgeschwindigkeit von 343 m/s bedeutetet dies: 343/440 x 0.25 = 0,1948 Meter, also 19,4 cm Auch ganzzahliges Vielfache der Viertel-Wellenlänge funktionieren, Daher gehen auch andere Maße 1x19,4, oder 2x19,4 = 38,8 cm, 3 x 19,4 = 58,4 cm etc

Mehr folgt!

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