Freitag, 2. Juni 2017

1.5 Zusammenbau Klangröhren + Mechanik | Assemble

Nachdem wir uns in den letzten vier Folgen mit der Herstellung der gestimmten Klangröhren, den Eigenschaften der Mechanik und dem Bau eines gekammerten Luftresonanzkastens, sowie eines fahrbaren Gestells beschäftigt haben, können wir die kleine Celesta nun langsam zusammen setzen. Ich habe mich bemüht, möglichst instruktive Bilder aus den Rohbauphasen einzubinden, damit Du es beim Nachbau (oder Selbsterfinden) einfacher hast.

Überblick über die Komponenten 

Das gesamte System besteht aus zwei Teilen: einer Grundplatte mit den Tasten und einem hochkant stehenden Teil, dem eigentlichen Spielwerk mit Hebegliedern, Dämpfergliedern, einem Auffangfilz auf dem die Hammer zurückprallen können und zwei längs geführten Metallstangen, an denen das Sustain- und das Piano-Pedal angeschlossen sind. Die Grobberechnung der Klangröhren hatte ergeben, dass ich knapp über vier Oktaven bauen könnte. Die ganz tiefen Töne unterhalb von es/d0 und die sehr hohen über h4 erschienen mir musikalisch nicht verwertbar.  Ich habe mich also entschlossen die Celestette im Umfang von f0 bis a4 zu bauen. (Meine geschenkte Klaviermechanik  hat nur 86, statt 88 Töne und geht nur bis zum hohen A, statt C). Ich habe also 33 Tasten, die ich nicht benötige und die entfernt werden müssen, Im Blog werde ich zeigen, wie ich die Mechanik auf 53 Tasten gekürzt habe. Es ist ein wenig Bastelei und sehr sorgfältiges Arbeiten notwendig. Aber sogar ich, als Klavierbau-Laie habe das geschafft. Wenn Du bereits jetzt schon etwas Bastelerfahrung hast, wirst Du sicher noch viel genauer und schöner arbeiten als ich es geschafft habe!



Abb.  Die Mechanik, noch auf der zu großen Grundplatte und der spielbare Tastenbereich. Außerdem ein wenig dünner roter und dicker Filz, ein Alu-Lineal mit Wasserwaage und ein bisschen Bastelholz, zum Ausprobieren, falls ich irgendwo etwas Holz zum Darunterlegen brauche.

Im Bild, hinter den Hämmern, befindet sich eine Sperrholzplatte. Mit Klebeband kannst Du dort die Klangröhren vorübergehend montieren. So eine billige Sperrholzplatte (9 €) ist eine wunderbare Spielwiese, um die Lage der Röhren in Bezug zu den Hämmern zu testen. Die Platte ist nicht die endgültige Fixierung, sondern dient der praktischen Ermittlung der Maße. Mit Hilfe der Platte (als Schablone) wurden später die Löcher der Buchenholz-Aufhängung gebohrt. Die untersten 33 Töne (A bis e1) sind herausgenommen und die dazugehörigen Hebeglieder/Hämmer und Dämpfer sind abgeschraubt.

Wird wirklich alles genau zusammen passen?


Werden die Klangröhren rein vom Platzbedarf und der Position passen? Wie kann ich den richtigen Platz herausfinden? Sind Klavierhämmer überhaupt hart bzw. weich genug für Metallröhren? Ist die mechanische Übersetzung passend? Wird die Mechanik auf Dauer zerstört, wenn die fein gelagerten Teile auf hartes Metall prallen?

Fragen über Fragen... Die erste, pauschale Antwort lautet: ja, alles passt sehr gut. Klaviermechaniken eignen sich hervorragend. Bisher ist kein Element der Mechanik in irgend einer Weise durch die Metallröhren in Mitleidenschaft gezogen worden.

Zu Anfang war ich vor allem darüber besorgt, ob ich die 53 Klangröhren ganz genau hinter die Hammerköpfe montieren kann. Es geht ja um Millimeter… Die Überlegung war: kann ich die Röhren überhaupt provisorisch montieren?  Doppelseitiges Klebeband und Maler-Krepp haben sehr geholfen!

Auf der Holzplatte wird im Bereich der kompletten Hammeraufschlagsfläche eine gerade Linie gezogen. Hier soll die möglichst exakte Mitte der Klangröhren liegen, damit die Hammerköpfe die Mitte der Röhren anschlagen können. Die exakte Lage der Klangröhren hinter den Hämmern der Mechanik  kann man leicht durch Aus-probieren ermitteln. Die unteren Röhren f0 bis es1 liegen in dem Bereich in dem früher noch Basssaiten des Klaviers lagen. Da Basssaiten leicht quer liegen, müssen auch die unteren „Bass“-Röhren quer fixiert werden.  Der leicht dreieckige Spalt zwischen den Röhren cis2 und d2 kommt daher, dass in diesem Bereich die Tastatur und die Klaviersaiten versetzt waren. Das ist normal. Ab d2 liegen die Röhren dann 100% vertikal im rechten Winkel auf dem Brett.

Nach mehrmaligen Kontrollen, ob die Hammerköpfe wirklich die korrekte Stelle anschlagen, habe ich durch bereits vorhandenen Löcher der Klangstäbe in die Sperrholzplatte hinein gebohrt. Dabei wurden die Abstände der Bohrlöcher soweit nach Augenmaß optimiert, dass immer ein möglichst gleichmäßiger Abstand entstand.

Abb: Die gebohrten Klangröhren wurden mit Kreppband auf der Sperrholzplatte markiert. Danach wurde durch die Bohrungen der Röhren auch die Holzplatte angebohrt. Das ergibt eine wunderbare Schablone, mit der die endgültige Fixierung besser geplant werden kann.

Die Abstände nach oben bzw. unten habe ich soweit optimiert, dass die geometrische Folge der Rohrlängen relativ stetig verläuft. Die Bohrungen wurden daher um 1-2 mm nach unten oder oben versetzt. Wichtig ist der horizontale Abstand! Du solltest beim provisorischen Aufkleben der Klangröhren so sorgefältig wie möglich auf die Abstände achten. Ich habe mir Pappstreifen auf genau 1,5 mm Dicke zusammen geklebt. Hierdurch kann man die Abstände zwischen den Röhren gut kontrollieren. Wenn der Papp-Abstandhalter locker und trotzdem sicher im Spalt sitzt und der Hammerkopf die Röhrenmitte trifft, dann ist alles perfekt. Weil die Röhren alle schon gebohrt waren, konnte ich die Röhren mit einem Draht (2 mm) lose an den Löchern einstecken und anschließend alle 53 Exemplare zügig mit Kreppband (Malerkrepp) fixieren. Das klappt prima!

Aufhängung, Polsterung und Befestigung der Klangplatten


Klangstäbe müssen durch Hämmer in starke Schwingung versetzt werden werden. Nur ein fester und zugleich  weicher Hammeranschlag erregt die Grundtöne der kleinen Röhren so stark, dass ein tragfähiger, musikalisch gut verwendbarer Röhrenklang entsteht. Dabei muss alles absolut stabil und haltbar verbunden sein. Gleichzeitig darf sich das Hammer-Aufschlaggeräusch nicht zu stark auf das Gehäuse bzw. den Resonanzkasten übertragen. Es hat sich gezeigt, dass Du die Klangstäbe nicht direkt auf das Sperrholz montieren kannst. Denn: das Aufschlagen der Hammerköpfe verursacht Klopfgeräusche. Also musste eine Aufhängung her. Nach langem Überlegen und vielen Tests mit verschiedenen Befestigungsmöglichkeiten (Nägel mit Gummibeschichtung, Latex, Kautschuk, Nitrilgummi u.v.a.), habe ich mich entschlossen, die primäre Aufhängung aus Buchenholz zu sägen und die Klangröhren daran mit Nylonfaden festzuknoten.

Das geht viel einfacher, als es aussieht! Dazu habe ich im Baumarkt (Firma Hellweg) zwei ein Meter lange 60 x 8 mm Hartbuchenleisten gekauft. Man verwendet so etwas für Bilderrahmen (Also nach Profil-Leisten fragen.) Die Holzleisten habe ich wieder mit doppelseitigem Klebeband und Kreppband auf die gebohrte Sperrholzplatte gelegt, solange gerückt, bis alle Löcher auf der Leiste unterkamen und dann direkt die Löcher gebohrt. Die Kontur der Löcher (plus ca. 1 cm nach oben und unten) habe ich mit Bleistift nachgemalt und dann zwei Leisten (für die oberen und unteren Löcher der Klangröhren) mit der Laubsäge (10 € vom Flohmarkt) ausgesägt.

Abb: Herstellung von zwei passgenauen Aufhängeleisten.  Sie dienen zur Befestigung der Klangröhren über den Löchern der Resonanzkammern. Da bereits eine Sperrholzplatte existiert, die als exakte Schablone für die Positionen der Röhren und Bohrungen verwendet wird, kann man die beiden Aufhängeleisten praktischerweise einzeln herstellen.

Im letzten Schritt habe ich mit feinem Schleifpapier und einem Dremel (das ist eine Art elektrische Handbohrmaschine zum Fräsen) die Kanten glatt gearbeitet.  Auf der Rückseite der Leisten habe ich mit dem Dremel ein wenig geschliffen, damit bei der Befestigung der Klangröhren mit Nylonfäden genug Platz für die Konten bleibt. Das Ganze hat viele Nachmittage an Arbeit verschlungen. Aber, wenn man jeden Tag ein paar Klangstäbe auffädelt, geht es fast nebenbei.

Zur Montage der Klangröhren auf der Aufhängeleiste benötigt man 5 mm hohe Gummipolster mit einer Shore-Härte von ca. 40, also ein weiches Gummi. Ich habe Material einer Isomatte aus den 1980er Jahren zugescnitten. Weil dieses Gummi auch nach 30 Jahren absolut frisch und elastisch ist, habe ich vollstes Vertrauen in die Langlebigkeit dieser Konstruktion,


Abb. Montage der Klangröhren auf der gummigepolsterten Aufhängeleiste. Die durchgesteckten Nägel dienen nur der Orientierung und erleichterten das Nähen mit 0,5 Millimeter Nylosnfäden. Im oberen Bildbereich sind schon fertig montierte Röhren zu sehen. Zwischen jeder Röhre wurde ein 2,5x4x4 mm großer Filz eingeknotet. Dies verhindert den direkten Kontakt der Röhren.

Abb, Obere Aufhängeleiste mit montierten Klangröhren von hinten aus betrachtet.
Beim Verknoten wurden je Röhre 6 Nylonfäden verwendet. Die Bohrungen der Röhren liegen seitlich, so dass ein durchgängiger Nylonfaden von 1,5 mm durch alle Röhren geführt werde konnte. Die mechanische Stabilität ist extrem hoch. Selbst unter Einsatz aller Muskelkraft ist es mir nicht gelungen eine Röhre abzureißen.


Mit der Verknotung muss man experimentieren. Wichtig ist ein wenig Spielraum, damit die Röhren auf der gepolsterten Aufhängeleiste etwas Bewegungsapielraum (0,5-1 mm) haben. Zu enge Verknotung führt zu einer Verkürzung der Klangdauer.

Abb. Fertig montierte Aufhängung auf einem - zum damaligen Zeitpunkt -provisorischen Resonanzkasten. Der progressive Verlauf der Klangplattenschräge ist dabei exakt am Winkel der Hammerköpfe orientiert. Der Aufschlagort der Hämmer befindet sich an optimaler Position in der Mitte der Röhren.

Verkürzung (vulgo: "Absägen") der Mechanik und der Tastatur

Der schwierigste Teil bestand in der Kürzung der gesamten Mechanik von ursprünglich 86 Mechanikelementen (Tasten, Hebegliedern, Dämpfern, Stangen etc.)  auf den Bereich von 53 Tasten f0-a5. Diese umfangreichen Arbeiten haben eine ganze Woche Planung und drei Tage Auführung bemötigt. Im Einzelnen waren folgende Schritte notwendig.

  1. Kürzen der Tastatur
  2. Demontage der überzähligen Hebeglieder, Hämmer Dämpfer und Puppen
  3. Demontage von Hebeglieder, Hämmer Dämpfer und Puppen über Schraublöchern
  4. Ausbau der Dämpferanhebestange
  5. Schnitt der Stahlverstärkung des Mechanikbalkens mit der Mini-Trennscheibe (Dremel)
  6. Kürzen des Mechanikbalkens, also der zentralen Befestigung der Hämmer und Dämpfer
  7. Kürzen der Auslösepuppenleiste
  8. Küzen der Hammerprelleiste
  9. Kürzen der Dämpferanhebestange
  10. Einfräsen von neuen Montagelöchern für die Befestigung der gekürzten Dämpferstange
  11. Montage der Dämpferstange
  12. Bohrung von Montagelöchern für drei weitere Dämpfer im Diskant
  13. Zusammenbau
  14. Testen
  15. Montage auf einer Grundplatte
  16. Montage von verstellbaren Fixierungsplatten zum Abstandhalten
  17. Grobregulierung der Dämpfer
  18. Grobregulierung der Auslösepuppen

Video: Kürzen des Tastatur-Rahmens mit einer kleinen Handsäge. Hieran wird ersichtlich, dass man solche Arbeiten durchaus am Küchentisch ausführen kann und keine professionellen Präzisionswerkzeuge bnötigt.


Abb. Ausbau der Dämpferanhebestange. Die Stange dient zum gleichzeitigen Anheben aller Dämpfer beim Treten des Dämpferpedals. Leider lagen die Scharniere zur Befestigung im zentralen Mechanikbalken ziemlich ungünstig. Nach der Kürzung wäre die Stange nur unzureichend stabil befestigt gewesen. Daher mussten die Scharniere versetzt im Mechanikbalken versetzt werden, also neue Scharnierlöcher mit dem Stechbeitel eingehauen werden.


Abb. Schaffung neuer Aussparungen im Mechanikbalken, damit die gekürzte Dämpferanhebestange versetzt montiert werden kann. Dies ist eine ziemlich riskante Arbeit. Ich hatte das Gefühl, den Mechanikbalken irreversibel zu schädigen, wenn ich mich verkalkuliert habe. Daher lieber doppelt und dreifach messen, anzeichnen, nachmessen...  Die Blickrichtung auf dem Bild ist ein Blick von hinten. Die Mechanik wurde also umgedreht. Gleichzeitig kann man den exzellenten Zustander der Hämmer und Dämpfer erkennen.  


Abb. Kürzung der Stahlverstärkung des Mechanikbalkens, der Dämpferprellleiste und der Auslösepuppenleiste mit einem Minidremel  (18 € mit Zubehör und Koffer vom Flohmarkt).


Abb:  Schlussmontage der gekürzten Mechanik und gekürzten Tastatur auf der Grundplatte. Die gelb markierten Kreisbereiche zeigen die Auflageorte der Mechanikbacken, die den Mechanikbalken beweglich lagern. Bei dieser Gelegenheit wurde auch eine Grobregulation der Mechanikanlage durchgeführt. Die Abstände zwischen den Hammerköpfen in Ruhe und Aufschlagort an den Klangröhren. müssen exakt stimmen, damit die Hämmer eine optimale Anregung der Klangröhren erreichen. Dies hat nochmals einen Tag Messen, Experimentieren und Vergleichen an Zeit in Anspruch genommen. Eine lohnend investierter Zeit: je genauer die Mechanikanlage an den Klangplatten steht, desto einfacher wird am Ende die Regulation der Auslösepuppen und der Dämpfung

Abb. Fixierungsplatten. Damit sich der Abstand zu den Klangröhren nicht mehr unbeabsichtigt ändern kann, wurden rechts und links der Mechanikbacken verstellbare Fixierungsplatten eingeschraubt, die einen dauerhaft unveränderten Abstand zu den Klangplatten gewährleisten. Toi, toi, toi! Im Bild ist auch die Montage der Bowdenzuganschlüsse für das "wired piano pedal" erkennbar. Es ist nicht das Sustainpedal, sonderen das Pianopedal. Hiermit lässt sich beim Spielen die Flugstrecke der Hammerköpfe verändern. Man kann hierdurch während des Spiels die Grundlautstärke stufenlos per Pedal ändern. Zum Beispiel für Forte-Piano-Effekt.

Abb. Noch in der Rohbauphase fotografiert: ein Blick von hinten auf  Dämpfer und den Hebel der Dämpferanhebestange mit eingefräßtem Bowdenzuganschluss. Dies ist das "wired sustain pedal".



Die Bowdenzüge der Pedale werden - versteckt und geschützt - in Messingrohren zum Grund des Fahrgestells geführt. Dort befinden sich an Scharnieren zwei hölzerne Pedale in Standard-Dimensionen, allerdings an einem Scharnier gelagert. Dass hier noch einiges schief aussieht, liegt daran, dass zum Zeitpunkt der Fotos noch nicht alles verschraubt war.

Abb. Pedalführungsstangen 

Abb. Pedalscharniere

Abb. Pedale

Abb. Oberseite des Bowdenzughalters eines Pedals



Abb. Pedalanlage



Abb. Der Luftkammer-Resonanzkasten. Er wurde in einer der letzten Folgen schon kurz vorgestellt.


Keine Kommentare:

2.2.2 Neue Dämpfer: wesentlich für einen guten Klang | Dampers

Im Grunde genommen ist die Mechanik einer Celesta sehr einfach. Durch Drücken einer Taste wird der dazu gehörige Hammer in Richtung der Kla...